Was ist eine Systemische Therapie?

Holzfiguren, Aufstellung, Wie arbeitet man therapeutisch systemisch? Annette Bauer Heilpraktikerin Psychotherapie
Wie arbeite ich in der Systemischen Therapie? Mit inneren Anteilen, Aufstellungen und vor allem lösungs- und klientenzentriert.

Inhalte

Ein ganzheitlicher Ansatz

„Heilung beginnt,
wenn du dir erlaubst zu sein,
wer du wirklich bist.“
Carl Rogers

In der Systemischen Therapie schaust nicht nur auf dich, sondern auf die Dynamiken innerhalb deiner Beziehungen. Es geht um die Wechselwirkungen die sich ergebe: Denn alle Verhaltensweisen, Gefühle und Gedanken werden als Teil eines komplexen Systems verstanden – sei es Familie, Arbeitsplatz oder dein Freundeskreis. Sie alle beeinflusst deine Entscheidungen und dein Verhalten. Und umgekehrt beeinflusst du dein Umfeld durch dein Verhalten auch: Möchtest du etwas verändern, hat das schließlich auch Auswirkungen die anderen in deinen Systemen. Dabei ist wichtig, wie offen du und dein Umfeld miteinander umgehen oder auf eine Veränderung reagieren können.

Beispielsweise fühlst du dich vielleicht in deinem Job zunehmend gestresst und erschöpft. In der Systemischen Therapie schauen wir auf deine persönliche Belastbarkeit UND wie deine Arbeitsumgebung funktioniert, welche Rollen du dort einnimmst und wie die Kommunikation mit deinen Kolleg*innen und Vorgesetzten abläuft. Oft entdeckst du dabei Muster, die dir vorher nicht bewusst waren.

Interaktion mit anderen

Die Wurzeln dieses Ansatzes reichen bis in die 1950er Jahre zurück, als Therapeut*innen wie Gregory Bateson, Virginia Satir und Paul Watzlawick begannen, menschliches Verhalten aus einer systemischen Perspektive zu betrachten. Dabei haben sie erkannt, dass psychische Probleme nicht in einer Person allein entstehen, sondern in der Interaktion mit anderen. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich die Systemische Therapie stetig weiterentwickelt und verschiedene Einflüsse aufgenommen – von der Kommunikationstheorie bis hin zu konstruktivistischen Ideen.

In meiner Praxis und in der Kommunikation auf allen Ebenen erlebe ich täglich, wie wirksam dieser Ansatz sein kann.

Das kannst du ausprobieren:

Wie verändert sich deine Stimmung, je nachdem mit welchen Menschen du zusammen bist? Vielleicht fühlst du dich bei deinen Eltern wieder wie ein Kind, während du mit Freund*innen ganz anders auftrittst. Dies ist ein Beispiel dafür, wie Systeme funktionieren und uns prägen. In der Systemischen Therapie lernst du, diese Dynamiken zu erkennen und konstruktiv zu verändern.

Die Wirklichkeit konstruieren

Familie, Freundeskreis, Arbeitsplatz oder Partnerschaft: all diese Systeme beeinflussen dich und gleichzeitig beeinflusst du sie. Deine Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern immer in Wechselwirkung mit deiner Umgebung.

Ein weiteres wichtiges Fundament ist die konstruktivistische Sichtweise. Sie besagt, dass jeder Mensch seine eigene Wirklichkeit konstruiert. Es gibt nicht die eine objektive Realität, du erschaffst deine Version der Welt durch deine Wahrnehmung, deine Erfahrungen und deine Deutungen. Das machen wir alle so!

Wenn du und dein Partner einen Streit unterschiedlich erlebt habt, hat keiner von euch „Recht“ oder „Unrecht“ – ihr habt nur verschiedene Wirklichkeiten konstruiert.

Stehst du morgens auf und denkst „Heute wird ein schrecklicher Tag“, dann wird dein Gehirn tatsächlich alle Hinweise sammeln, die diese Annahme bestätigen. Deine innere Haltung macht den Unterschied: In der systemischen Arbeit lernst du, deine Konstruktionen zu erkennen und bei Bedarf zu verändern, um neue Handlungsmöglichkeiten zu gewinnen. Da trifft für mich der systemische Ansatz auf Yoga: die Haltung macht den Unterschied.

Die Quellen der Systemik: Therapeutische Vielfalt

Die systemische Therapie speist sich aus verschiedenen therapeutischen Quellen, das macht diesen Ansatz so flexibel anpassbar für Klient*innen:

  • Da sind zum einen die Pionier*innen der Familientherapie wie Virginia Satir, die mit ihrer „Familienskulptur“ körperliche Erfahrungen in die Therapie einbrachte.
  • Salvador Minuchin entwickelte den strukturellen Ansatz, der die Grenzen und Hierarchien in Familiensystemen betont.
  • Milton Erickson hingegen prägte mit seinen hypnotherapeutischen Methoden die lösungsorientierte Seite des systemischen Arbeitens.
  • Steve de Shazer und Insoo Kim Berg entwickelten daraus die lösungsfokussierte Kurzzeittherapie.

Manche Probleme stellen sich anders dar, wenn du mal die Perspektive wechselst: Vielleicht hast du Stress oder einen Konflikt mit deinem Kind, der unlösbar erscheint. Wenn du nur auf das „störende Verhalten“ schaust, siehst du nur eine Seite. Betrachtest du jedoch das ganze Familiensystem und fragst dich, welche Funktion dieses Verhalten haben könnte oder welche unerfüllten Bedürfnisse dahinterstehen, öffnen sich plötzlich neue Sichtweisen auf „das Problem“ und du hast auf einmal weiter Handlungsoptionen.

Lösungsungsorientiert & kleintenzentriert

Während viele andere Therapieformen lange im Problem verharren und nach Ursachen in der Vergangenheit suchen, richtet die systemische Arbeit den Blick nach vorne. Das Problem wird natürlich auch analysiert, dann aber recht zügig nach deinen Stärken, Fähigkeiten und Ressourcen gesucht. Damit das Anlass, warum du in die Therapie kommst, genügend gewürdigt wird, braucht daneben auch den klientenzentrierten Ansatz nach Carl Rogers:

„Jedes Mal, wenn mir zugehört wird und ich verstanden werde,
kann ich meine Welt mit neuen Augen sehen und weiterkommen.
Es ist erstaunlich, wie scheinbar unlösbare Dinge doch zu bewältigen sind,
wenn jemand zuhört“. (Carl Rogers)

Ein weiteres wichtiges Prinzip ist also klientenzentriertes Arbeiten nach Carl Rogers. Du bist die Expertin für dein Leben, nicht ich als Therapeutin. Du weißt am besten, was dir gut tut, woran und wann du daran arbeiten möchtest. In der Systemischen Therapie werde ich dir keine fertigen Lösungen präsentieren oder dir vorschreiben, was du tun sollst. Stattdessen erarbeiten wir gemeinsam deine individuellen Ziele und du bestimmst das Tempo. Du übernimmst die Verantwortung für deine Veränderung und ich begleite dich dabei mit meinem Fachwissen und meinen Methoden.

Keine Daignosen, bitte!

Vielleicht hast du dich mal bei einem Arzt nicht besonders ernst genommen gefühlt. Da warst du nicht die Expertin für deinen Körper, sondern er. Es kann sehr wohltuend sein, auf klassische Diagnosen und Pathologisierung zu verzichten. Anders als in vielen medizinisch orientierten Verfahren erhältst du keine Diagnose wie „Depression“ oder „Angststörung“, die dich auf Jahre hinweg als „psychisch krank“ abstempelt. Das bedeutet auch, dass bei der Krankenkasse kein entsprechender Eintrag hinterlegt wird, der dir später zum Nachteil gereichen könnte, etwa bei Versicherungsabschlüssen oder Bewerbungen.

Der Verzicht auf die Diagnosen verhindert Stigmatisierung: Du bist nicht die „Patientin mit einer Störung“, sondern wirst als Mensch in einem für dich zurzeit herausfordernden Kontext gesehen. Das ist wichtig in einer Gesellschaft, in der psychische Diagnosen immer noch mit Vorurteilen verbunden sein können. Die Erfahrung zeigt, dass viele Menschen leichter Hilfe suchen, wenn sie nicht befürchten müssen, als „psychisch krank“ abgestempelt zu werden.

Dein Problem ist kein Defekt oder eine Krankheit!

Die „Störung“ in einem System erfüllt wahrscheinlich sogar eine wichtige Funktion. Deine Schlafprobleme, deine Ängste oder deine Stimmungsschwankungen können zum Beispiel ein Signal sein, dass etwas nicht stimmt, oder sogar eine Lösung für ein anderes Problem darstellen. Diese Perspektive einzunehmen, kann dich möglicherweise ent-stressen!

„Das seltsame Paradoxon ist, dass,
wenn ich mich so akzeptiere, wie ich bin,
ich die Möglichkeit erlange, mich zu verändern.“
Carl Rogers

Fühlst du dich manchmal wie die Einzige in deiner Familie, die „Probleme macht“ oder gibt es bei euch ein „schwarzes Schaf“?

  • Rollen: Wenn du da genauer hinschaust, kannst du oftmals entdecken, dass dein „Symptom“ eine wichtige Funktion für das ganze System hat. Vielleicht lenkst du mit deinen Sorgen von anderen Konflikten ab oder hältst durch deine Ängste die Familie zusammen, weil alle sich um dich kümmern müssen. Wenn du diese Zusammenhänge verstehst, eröffnen sich dir neue Wege für Veränderung.
  • Zuschreibungen: Kennst du das Gefühl, wenn dir jemand ein Etikett verpasst? „Du bist zu sensibel“ oder „Du hast Verlustängste“? Solche Zuschreibungen können dich einengen und dir das Gefühl geben, dass mit dir etwas nicht stimmt. In der systemischen Arbeit verzichten wir auf solche Etiketten. Stattdessen betrachten wir deine Reaktionen als sinnvolle Anpassungen an deine Lebensumstände. Dadurch fühlst du dich nicht als „Fall“, sondern bist ein Mensch, dessen Verhalten auf einmal nachvollziehbar ist.

Verborgene Zusammenhänge sichtbar machen

Es gibt eine Vielzahl kreativer und darstellender Methoden, mit denen du neue Perspektiven erschließen kannst:

  • Das Genogramm ist wie eine Art erweiterter Stammbaum. Hier zeichnen wir deine Familiengeschichte über mehrere Generationen auf und entdecken dabei oft überraschende Muster und Wiederholungen. Du erkennst plötzlich, dass deine Konflikte mit Autoritätspersonen vielleicht etwas mit der Beziehung deines Vaters zu seinem strengen Vater zu tun haben könnten.
  • Die Familienskulptur oder Strukturaufstellung: Dabei stellst du im Raum Personen, Symbole oder Holzfiguren für die Mitglieder deines Systems auf. Die räumlichen Positionen zueinander zeigen die emotionalen Beziehungen und Dynamiken. Du spürst am eigenen Körper, wie es sich anfühlt, wenn du näher an eine Person herantrittst oder dich abwendest. Diese körperliche Erfahrung ermöglicht dir Erkenntnisse, die über das reine Gespräch hinausgehen.
  • Die Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen: Wir alle tragen verschiedene „innere Stimmen“ oder Anteile in uns – den inneren Kritiker, das verletzte Kind, die liebevolle Beschützerin und viele mehr. In der systemischen Arbeit machen wir diese Anteile sichtbar, indem wir sie aufstellen mit Gegenständen oder Bodenkarten. So kannst du einen Dialog zwischen ihnen führen und ein besseres inneres Gleichgewicht finden. Das kann überraschende Wendungen und innere Unterstützer hervorbringen.
  • Gesprächstechniken: Da sind zirkuläre Fragen sehr spannend, das sie die Wechselwirkungen im System beleuchten. Statt dich direkt zu fragen „Warum bist du wütend?“, könnte ich fragen: „Was glaubst du, denkt dein Partner, wenn du wütend wirst?“ oder „Wie würde deine beste Freundin deine Situation beschreiben?“. Diese Fragen helfen dir, aus festgefahrenen Denkmustern auszubrechen und die Perspektive zu wechseln.

In den Alltag übertragen

Du kannst zum Beispiel bei Konflikten kurz innehalten und dich fragen: „Wie würde meine kluge Freundin diese Situation sehen?“. Oder du kannst bei wichtigen Entscheidungen deine verschiedenen inneren Anteile zu Rate ziehen – den vorsichtigen, den mutigen, den fürsorglichen. Du kannst auch ein einfaches Genogramm zeichnen, wenn du über familiäre Muster nachdenken möchtest. Das macht diesen Ansatz so alltagstauglich.

Den Körper einbeziehen

Dein Körper ist ein wesentlicher Teil deines Systems – er steht in ständiger Wechselwirkung mit deinen Gedanken, Gefühlen und sozialen Beziehungen. Körperliche Empfindungen können dadurch wertvolle Signale sein, die dir Informationen geben, lange bevor dir diese bewusst werden. Die Verbindung zwischen körperlichen Prozessen und emotionalen Zuständen ist wissenschaftlich gut belegt, wie Studien von Bessel van der Kolk in seinem Buch „Verkörperter Schrecken“ (2015) zeigen.

Achtest du manchmal auf deinen Körper, wenn du in schwierigen Situationen bist? Vielleicht spannst du die Schultern an, wenn du mit einer bestimmten Person sprichst, oder dein Atem wird flach, wenn ein bestimmtes Thema aufkommt. Diese körperlichen Reaktionen sind keine Zufälle, sondern Teil der Kommunikation deines Körpers. Wenn du in einem Meeting sitzt und plötzlich Magenschmerzen bekommst, könnte das ein Signal sein, dass etwas nicht stimmig für dich ist – lange bevor du es bewusst wahrnimmst.

Co-Regulation

In der systemischen Arbeit mit körperorientierten Elementen nutzen wir gezielt Körperwahrnehmungsübungen, um deine Selbstwahrnehmung zu schärfen und den Zugang zu deinem inneren Erleben zu verbessern. Diese Übungen können so einfach sein wie das bewusste Spüren deiner Füße auf dem Boden, während du über ein belastendes Thema sprichst, oder das Wahrnehmen deines Atems, wenn du an eine herausfordernde Situation denkst. Durch die Verankerung im Körper bleibst du präsent und kannst deine Gefühle besser regulieren. Co-Regulation, weil ich bei dir bin und wir uns gemeinsam entspannen: das spürt dein System und lernt daraus.

Embodiment: „Powerposes“

Ein besonders spannender Aspekt ist das sogenannte Embodiment – die Erkenntnis, dass Körperhaltung und Bewegung dein Denken und Fühlen maßgeblich beeinflussen. Die Forschungen von Amy Cuddy haben gezeigt, dass allein das Einnehmen einer aufrechten, offenen Körperhaltung für zwei Minuten das Stresshormon Cortisol senken und das Selbstvertrauen stärken kann. Das ist dann eine sogenannte „Powerpose“. In der systemischen Arbeit nutzen wir dieses Wissen, indem wir mit verschiedenen Körperhaltungen experimentieren und ihre Auswirkungen auf dein Erleben und Verhalten erkunden.

Anders herum, wenn du dich klein und zusammengesunken hinsetzt, kannst du erleben, wie dein Mut sinkt und du vielleicht sogar ängstlich wirst. Deine körperliche Präsenz, deine innere Haltung und sogar deine Stimme verändern sich. Allein deine Atemzüge werden flacher und kürzer, das signalsiert deinem Körper, das etwas nicht stimmt.

Zugang zum Unterbewusstsein

In der körperorientierten, systemischen Arbeit können wir also auch mit positiven Bewegungen arbeiten, die symbolisch für Veränderungsprozesse stehen. Wenn du beispielsweise das Gefühl hast, in einer Situation festzustecken, könnten wir dieses „Feststecken“ körperlich darstellen und dann gemeinsam erforschen, welche Bewegung dich aus dieser Position herausführen könnte. Dieser körperliche Prozess aktiviert oft unbewusstes Wissen und eröffnet neue Lösungswege, die auf rein gedanklicher Ebene nicht zugänglich wären.

Du siehst, ich finde die Systemische Therapie ganz toll! Ich kann mit ihr methodenübergreifend arbeiten und sie an deine Wirklichkeit individuell anpassen.

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Über mich
Annette Bauer, Namaste-Geste
Hallo, ich bin Annette
Ich bin Berlinerin und war 25 Jahre als Layouterin und Redak­teurin tätig. In den letzten Jahren im Job war ich kurz vorm Burnout und wurde dann ent­lassen. Auch privat habe ich Schick­sals­schläge erleben müssen.

Dabei hilft mir seit 30 Jahren unter anderem eine regelmäßige Yoga-Praxis.

Andere Menschen begleite ich mit Integralem Coaching nach Ken Wilber oder als Heil­prakti­kerin mit einer Ressour­cenorien­tierten oder Trauma­therapie.
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